Wenn Eltern durch die Supermarktgänge wandeln und nach gesunden Snacks für ihre Kinder suchen, landen oft bunte Packungen mit Kinderkeksen im Einkaufswagen. Der Blick auf die Nährwerttabelle scheint zunächst beruhigend: moderate Kalorienwerte und akzeptable Zuckermengen pro Portion. Doch ein genauerer Blick offenbart eine raffinierte Täuschungsstrategie der Hersteller, die selbst aufmerksame Verbraucher in die Irre führt.
Das Spiel mit winzigen Portionsgrößen
Hersteller arbeiten mit völlig unrealistischen und uneinheitlichen Portionsangaben, die Verbraucherschützer als manipulatives Marketinginstrument kritisieren. Diese winzigen Mengenangaben entsprechen oft nur wenigen kleinen Keksen – eine Menge, die kein hungriges Kind als befriedigende Portion empfindet. Während die Nährwerttabelle pro Portion beispielsweise moderate Zuckerwerte ausweist, konsumiert ein Kind in der Realität häufig das Doppelte oder Dreifache dieser theoretischen Portionsgröße.
Diese Diskrepanz zwischen beworbener und tatsächlicher Verzehrmenge führt dazu, dass aus scheinbar harmlosen Zuckerwerten schnell problematische Mengen werden. Die WHO empfiehlt für Kinder zwischen ein und drei Jahren maximal 30 Gramm freien Zucker täglich, für Vier- bis Sechsjährige etwa 35 Gramm.
Versteckte Kalorien entlarven
Die Verbraucherzentrale warnt vor den Folgen dieser Portionsfallen. Wenn Kinder mehrere Kekse als Snack konsumieren, multiplizieren sich die Zucker- und Kalorienwerte entsprechend. Was auf der Packung harmlos wirkt, kann schnell zu einer erheblichen Belastung der empfohlenen Tagesmengen werden. Die mathematische Realität zeigt deutlich: Kleine beworbene Portionen verschleiern den tatsächlichen Nährwert, während realistische Kinderportionen die Zuckermenge vervielfachen können.
Warum Hersteller zu diesem Trick greifen
Die Verwendung unrealistisch kleiner Portionsgrößen ist völlig legal und weit verbreitet. Hersteller nutzen diese Praxis, um ihre Produkte gesünder erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind. Besonders bei Kinderprodukten ist dieser Ansatz problematisch, da Eltern oft unter Zeitdruck einkaufen und sich auf die Angaben der Verpackung verlassen.
Ein weiterer Aspekt: Kekse mit Vollkorn-Bewerbung genießen einen Gesundheitsbonus in der Wahrnehmung vieler Verbraucher. Die Kombination aus dem positiven Image und den scheinbar moderaten Nährwerten pro Portion erzeugt einen trügerischen Eindruck, der kritisches Hinterfragen verhindert.
So durchschauen Sie die Portionsfalle
Erfahrene Verbraucherschützer empfehlen eine einfache Kontrollmethode: Berechnen Sie die Nährwerte immer pro 100 Gramm. Diese Angabe ist gesetzlich vorgeschrieben und steht meist rechts neben der Portionsangabe in der Nährwerttabelle. So erhalten Sie vergleichbare Werte, unabhängig von den kreativen Portionsgrößen der Hersteller.
- Wiegen Sie zu Hause einmalig ab, wie viele Kekse Ihr Kind tatsächlich isst
- Multiplizieren Sie die 100g-Werte mit dem tatsächlichen Verzehr
- Vergleichen Sie verschiedene Produkte ausschließlich anhand der 100g-Angaben
- Achten Sie auf die Anzahl der Kekse pro Packung – oft verrät sie mehr als die Portionsangabe
Die versteckten Zuckerfallen bei Kinderkeksen
Kinderkekse enthalten häufig verschiedene Zuckerarten unter unterschiedlichen Bezeichnungen. Fruchtsaftkonzentrate, Dattelpaste, Dextrose oder Reissirup verschleiern den tatsächlichen Zuckergehalt zusätzlich. Diese Inhaltsstoffe werden oft separat in der Zutatenliste aufgeführt, wodurch Zucker nicht mehr an erster Stelle steht, obwohl er mengenmäßig einen großen Anteil ausmacht.

Untersuchungen zeigen: Manche Hersteller verwenden mehrere verschiedene Süßungsmittel in einem Produkt, um den Zuckeranteil zu verschleiern. Addiert man alle süßenden Zutaten, ergibt sich oft ein Zuckeranteil von über 25 Prozent. Getestete Produkte erreichten sogar Zuckerwerte bis zu 39 Prozent.
Realitätscheck: Das Vollkorn-Problem
Ein weit verbreiteter Irrtum betrifft die Vollkorn-Bewerbung vieler Kinderkekse. Marktchecks der Verbraucherzentrale decken auf: Von 33 untersuchten Produkten enthielten 18 nährstoffarmes Weißmehl, nur sieben bestanden vollständig aus Vollkornmehl. Die beworbenen Gesundheitsvorteile existieren bei den meisten Produkten schlichtweg nicht.
Diese Irreführung wird noch problematischer, wenn Eltern glauben, mit Vollkornkeksen eine gesunde Alternative zu bieten, tatsächlich aber Produkte mit Zuckergehalten kaufen, die echten Butterkeksen entsprechen oder sie sogar übertreffen.
Langfristige Folgen unterschätzter Zuckermengen
Die kontinuierliche Unterschätzung von Zucker- und Kalorienmengen durch irreführende Portionsangaben trägt zur steigenden Prävalenz von Übergewicht bei Kindern bei. Wenn Eltern glauben, ihren Kindern einen moderaten Snack zu geben, tatsächlich aber eine zuckerreiche Kalorienbombe servieren, summieren sich diese Mehrmengen über Wochen und Monate.
Ernährungsexperten warnen: Gewöhnen sich Kinder an überzuckerte Geschmackserlebnisse, prägt dies ihre Präferenzen langfristig. Die Bereitschaft, natürlich süße Alternativen wie Obst zu akzeptieren, sinkt erheblich. Zusätzlich steigt das Kariesrisiko durch die häufige Zuckeraufnahme.
Alternative Bewertungsstrategien entwickeln
Statt sich auf Portionsangaben zu verlassen, sollten Verbraucher eigene Bewertungskriterien entwickeln. Ein Keks mit mehr als 25 Gramm Zucker pro 100 Gramm ist eher als Süßigkeit denn als gesunder Snack zu bewerten – unabhängig von Vollkornanteil oder Portionsgröße.
Die Faustregel erfahrener Ernährungsberater lautet: Wenn die erste oder zweite Zutat in der Liste eine Zuckerart ist, handelt es sich um ein Süßwarenprodukt. Diese Einschätzung bleibt auch durch kleine Portionsangaben unverändert gültig. Verbraucherschützer empfehlen, grundsätzlich die 100-Gramm-Angaben zu vergleichen und realistische Verzehrmengen zu kalkulieren.
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